https://www.lvz.de/sport/regional/1-fc- ... 7PEUY.html1. FC Lok Leipzig: Fans zu Ex-Trainer Civa und Ex-Präsident Kracht
Nach 1:0 gegen Babelsberg
Aus für Kracht und Civa: Das sagen Fans von Lok Leipzig zu den Querelen
Die Mehrzahl der Lok-Fans ist dankbar für die Arbeit von Almedin Civa in den vergangenen dreieinhalb Jahren – und macht dies beim 1:0 gegen Babelsberg auch deutlich.
Es gibt viele Geschichten rund um den 1:0-Heimsieg des 1. FC Lok Leipzig gegen Babelsberg. Vom neuen Selbstbewusstsein, dem neuen Trainer-Duo bis hin zur Meinung der Fans zur aktuellen Situation.
Kilian Thomas, Lea Heidel und Frank Schober
24.02.2024, 10:22 Uhr
Leipzig. Es waren unbeständige und unruhige Tage in Leipzig-Probstheida. Am Freitag gelang dem 1. FC Lok mit dem 1:0-Heimsieg über Babelsberg ein Befreiungsschlag, der die Blau-Gelben zumindest in ein etwas ruhigeres Fahrwasser bringt. Was die Faktoren für den Sieg waren und wie die Fans über die aktuelle Situation denken.
Das Selbstvertrauen:
„Der Montag hat uns alle richtig getroffen. Das war ein trauriger Tag“, berichtete Interimscoach Tomislav Piplica im Anschluss an die Partie über die Situation, als sich der langjährige Coach Almedin Civa verabschiedete. Die vergangenen Monate hätten das Team belastet. Spürbar. Denn das 0:4 in Greifswald war nicht nur eine Niederlage mit den Füßen, sondern auch in den Köpfen. „Wir haben versucht, die Jungs mental gut vorzubereiten“ erklärt „Pipi“.
Luca Sirch: „Ein Befreiungsschlag“
Dass dies gelungen ist, zeigte die Leistung der Probstheidaer: Pässe kamen an, es wurde sich ins Dribbling gewagt, auch wenn der Ausgang nicht immer erfolgreich war. Die Blau-Gelben liefen Bällen hinterher, die bereits verloren schienen – der Sieg über Babelsberg vor allem eine mentale Leistung. „Die Gefühlslage kurz nach dem Spiel ist Wahnsinn“, bestätigte Keeper Niclas Müller, der endlich mal wieder seinen Kasten sauber hielt. „Ein großer Befreiungsschlag“, sagte Luca Sirch.
Das Trainer-Duo:
Torwart-Trainer und Co-Trainer im Duo, kann das funktionieren? Die erste Probe gelang! Der sehr junge Coach Robin Hintz (29) agierte als Assistent zum erfahrenen Piplica (54). „Es ging zunächst darum, die Null zu halten“, verriet Niclas Müller die Strategie. Mit der Umstellung auf zwei defensive Mittelfeldspieler sollte den Babelsbergern der Zahn gezogen werden – was meist klappte.
Stürmertore:
Nur neun Stürmertore in 19 Punktspielen: Was die Probstheidaer in der vergangenen Spielzeit auszeichnete, war in dieser Saison ein zahnloser Tiger. Nun gelang Kapitän und Mittelstürmer Djamal Ziane endlich das Goldene Tor – nach zuvor nur zwei Treffern in der Regionalliga-Spielzeit. Zianes Trefferquote wie auch die seiner Flügelkollegen Atilgan und Adigo ist für die Mannschaft extrem wichtig – Innenverteidiger Luca Sirch kann das Team mit seinen Treffern nicht allein zu Höhenflügen führen. Ein Ziane in Top-Form bedeutet meist ein erfolgreiches Lok Leipzig.
Was sagen die Fans?
Im Vereinsumfeld sind viele Almedin Civa für seine geleistete Arbeit dankbar. Im Fanblock gab es ein Banner, das den Bosnier als „Lokomociva“ bezeichnet. Als einer von ihnen. Das Team und die Co-Trainer widmeten den Sieg im Nachgang der Partie „Alme“. „Mein Chef und Freund“, sagte Tomislav Piplica sichtbar gerührt. Doch einige Lok-Fans sahen den Schritt der Trennung als richtig und notwendig an.
In den Fangruppen der sozialen Medien werden die Personalie Kracht und die Leistung Civas kontrovers diskutiert – auch bei den Fans zeigt sich eine Spaltung. Die LVZ sprach mit Jörg Neumann, der seit vier Jahrzehnten Lok-Fan und seit einigen Jahren Mitglied ist. Der 53-Jährige äußert sich vor allem zu sportlichen Themen: „Ich denke, dass die Leistung seit Monaten immer schlechter geworden ist. Spieler wie David Urban, Leon Heynke und Sascha Pfeffer hätte Lok nicht ziehen lassen dürfen. Manche spielen total unter ihrer Form. Einige Neuzugänge sind zwar gut für die 4x100-Meter-Staffel, können aber mit dem Ball nicht umgehen. Die Standards sind eine Katastrophe – diese muss man doch trainieren. Generell muss im Fußball hinten erst mal die Null stehen. Das vermisse ich bei Lok. Einfach ein Tor mehr schießen zu wollen als der Gegner funktioniert nicht.“
Zu den Querelen in der Chefetage rund um Ex-Präsident Torsten Kracht meint der Familienvater: „Ein Bekannter war im Präsidium des Chemnitzer FC. Dort war es noch schlimmer. Man hat das Gefühl, in den Fußball-Vorständen rammen sie sich die Messer in den Rücken.“ Guido (64), Lok-Fan seit über 50 Jahren, sagt: „Ich finde es nicht gut, was derzeit abgeht. Ich hätte mir gewünscht, dass man sich in der Causa Kracht intern zusammensetzt.“ Sicherlich hätten beide Parteien Fehler gemacht, aber die Unruhe habe dem Verein geschadet.
„Der Anspruch auf den Rängen ist zu groß“
Zur Civa-Entlassung meint er: „Almedin ist sicher ein hervorragender Mensch und Trainer, aber es gab sportlich keine Weiterentwicklung. Für mich ist er zu Recht entlassen worden. Da wir wahrscheinlich nicht absteigen, finde ich, dass man es mit einer jungen Lösung (Robin Hintz, Anm.d.R.) durchaus probieren kann.“ Auch weitere Fans im Stadion trauen dem Trainer-Duo im Stadion eine Zukunft zu: „Manchmal ist einfach eine Veränderung und ein neuer Impuls nötig“, meint Lok-Fan Niklas Zinner (21).
Familienvater Markus (39) ist seit 31 Jahren VfB- beziehungsweise Lok-Fan. Er meint: „Lok hat die letzten Jahre über dem gespielt, was eigentlich möglich war, sie haben überperformt. Dieses Jahr spielen sie normal. Das sind junge, blauäugige Spieler. Diese Saison wissen sie nicht, wie sie mit den Rückschlägen umgehen sollen. Die Situation im Management hat die Spieler verunsichert und der Anspruch auf den Rängen ist zu groß.“ Zu Civa meint er: „Er ist als Trainer gigantisch, menschlich wie auch fachlich. Diese Saison hat er einfach Pech gehabt.“ Und auch zu Kracht bezieht er klar Position: „Wenn 21 Leute, die mit dir arbeiten, gegen dich sind, dann hörst du doch von dir aus auf.“
„Civa hatte seine Zeit, aber jetzt ist sie vorbei“, findet Jörg (64). „Durch die Situation wurden Spieler verunsichert und es herrscht Chaos“, ist seine Meinung zum Kracht-Aus. Bestätigt wurde seine Aussage zu Kracht nach dem Spiel: Dort wurden die Schuldigen in den Geschäftsführern Martin Mieth und Alexander Voigt gefunden: „Pro Kracht. Mieth und Vogt weg!!“ war auf Spruchbändern zu lesen. Die Meinungen der Fans gehen seit Wochen auseinander. Vielleicht trägt der Mitgliederabend am Montag dazu bei, die Wogen zu glätten.
LVZ